„...dann gibt es nur eins: Sag NEIN!“

Zahl der Kriegsdienstverweigerer steigt sprunghaft an

„Du. Pilot auf dem Flugfeld. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst Bomben und Phosphor über die Städte tragen, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!
(...) Du. Mann auf dem Dorf und Mann in der Stadt. Wenn sie morgen kommen und dir den Gestellungsbefehl bringen, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!“
(Wolfgang Borchert, kurz vor seinem Tod im November 1947)

Heute liegen die zerbombten Städte in Afghanistan und der Gestellungsbefehl heißt Einberufungsbescheid und kommt per Post. Die deutlichste Möglichkeit, sich persönlich gegen den Krieg zu wenden, ist aber immer noch, konsequent NEIN zu sagen; bei der Vorbereitung und Durchführung des Krieges schlicht nicht mitzumachen. Für wehrpflichtige Männer heißt dies, den Kriegsdienst zu verweigern.

In den letzten Wochen erklären immer mehr Menschen, den Kriegsdienst verweigern zu wollen. Die Zentralstelle KDV in Bremen, eine bundesweite Beratungsstelle für Kriegsdienstverweigerer, verzeichnet seit dem 11. September einen sprunghaften Anstieg der Anfragen. Seitdem die rot-grüne Bundesregierung ernsthaft die Beteiligung deutscher Soldaten am Afghanistan-Krieg angekündigt hat, stehen die Telefone nicht mehr still und der E-Mail Briefkasten quillt endgültig über. Besonders auffällig: Gerade ehemalige Soldaten, also die, die wissen, worum es im Ernstfall geht, – und die als Reservisten jetzt jederzeit einberufen werden könnten -  wenden sich in Scharen von der Bundeswehr und der deutschen Kriegspolitik ab. Gab es im gesamten Jahr 2000 etwa 50 KDV-Anfragen von Reservisten, so sind es in den Wochen seit dem 11.9.01 allein ca. 300 ehemalige Soldaten, die ausführliche Infos per Post angefordert haben. Bei der Hauptgruppe der Beratungen, den Ungedienten (17-19 jährige Schüler und Auszubildende) und den aktiven Soldaten (meist Grundwehrdienstleistenden) gibt es eine Steigerung um 50% gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres. Zu den Beratungen am Telefon und dem Infoversand per Post kommen noch täglich Hunderte Interessierter, die per Internet auf die Infos der Zentralstelle KDV zugreifen (Zahlen auf dem Stand 9.11.). 

In den weit mehr als 1000 Telefonaten, die die Berater der Zentralstelle KDV in den letzten acht Wochen geführt haben, wurde eines ganz deutlich: Bei allem Abscheu vor den terroristischen Angriffen auf New York und Washington sind sich Kriegsdienstverweigerer einig, dass die Antwort der USA und auch Deutschlands, ganz Afghanistan mitsamt der Zivilbevölkerung mit Krieg zu überziehen, nicht zu rechtfertigen ist. Manche sagen ganz ausdrücklich, dass sie verweigern, damit sie nicht zu Mördern gemacht werden können.

Anders als zu Borcherts (und Tucholskys) Zeiten gibt es zum Glück heute das in der Verfassung verankerte Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung. Wer nachträglich verweigern will, schickt am besten sofort einen unterschriebenen Brief an das  Kreiswehrersatzamt, etwa mit dem Text: „Hiermit verweigere ich den Kriegsdienst aus Gewissensgründen gemäß Art.4 Abs. 3 GG.“. Nachzureichen sind dann noch ein Lebenslauf , ein polizeiliches Führungszeugnis und eine ausführliche Begründung der Kriegsdienstverweigerung. Wer als Schüler oder Auszubildender Wehr- oder Zivildienst noch vor sich hat, sollte sich im Internet unter www.wehrpflicht-nein-danke.de gründlich über den geschickten Umgang mit der Wehrpflicht informieren.

Paul Betz
(Berater für Kriegsdienstverweigerer in der Zentralstelle KDV)

Kontakt: 
www.wehrpflicht-nein-danke.de
www.zentralstelle-kdv.de
Hotline: 0421-340025, Post: Zentralstelle KDV, Dammweg 20, 28211 Bremen

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